Wir setzten unsere Reihe „Lebendige Patenschaften“ fort mit einem Beitrag der Familie Schieler, die jüngst ihre Patenkinder besucht hat. Für uns als Förderverein ist dies wieder ein lebendiges Beispiel nachahmenswerten persönlichen Engagements, das leider immer seltener wird. Zum großen Teil ist dies der politischen Entwicklung in Myanmar geschuldet: Stichwort Rohingha-Verfolgung. Unser Standpunkt ist: Je besser die Menschen gebildet sind, umso eher durchschauen sie die politischen Fehler und Verbrechen. Deshalb bleibt unser Engagement für Ausbildung und Erziehung ungebrochen.
15.3.2019 Karl Bruch
Patenkinder-Besuch in Myanmar – Februar 2019
Mitte Februar bin ich mit meiner Frau und meiner Schwester zu einem 14-tägigen Besuch in Myanmar aufgebrochen mit Aufenthalten in Yangon, Bagan und Mandalay. Im Mittelpunkt der Reise stand natürlich der Besuch meiner Patenkinder – Thet Thet Wai, San Myat Wai und San San Htike – die ich seit einigen Jahren unterstütze und die inzwischen zu jungen Frauen geworden sind. Obwohl wir das Jahr über in regelmässigem Austausch per-Email stehen, ist ein persönliches Treffen doch immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Bei meinem insgesamt vierten Besuch meiner Patenkinder durfte ich mit Genugtuung feststellen, dass es ihnen allen gut geht, sie erneut Fortschritte in ihren Englisch-Kenntnissen gemacht und erfolgreich weitere Etappen in ihrer Ausbildung, bzw. in ihrem Beruf gemacht haben. Besonders stolz bin ich auf San San Htike, die mein erstes Patenkind gewesen ist. Sie hat ihr Studium in Accounting vor rund drei Jahren erfolgreich abgeschlossen und ist seither bei der Alliance for MicroFinance in Myanmar beschäftigt. Diese vergibt Mikro-Finanzkredite an kleine Unternehmen und Selbständige – v.a. an Frauen – denen der Zugang zu solchen Finanzmitteln sonst verwehrt ist und hilft ihnen damit beim Aufbau einer unternehmerischen Tätigkeit. San San Htike ist nunmehr nicht mehr auf meine Unterstützung angewiesen, sondern kann inzwischen für sich selbst sorgen, ihre Familie unterstützen und darüber hinaus auch zur Selbsthilfe für andere und indirekt zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes im ländlichen Raum beitragen. Was für ein gelungenes Beispiel wie sich so eine Patenschaft positiv auswirken kann. San Myat Wai – ihre jüngere Schwester – studiert an der Universität in Shwe Bo mit Geschichte als Hauptfach und Thet Thet Wai studiert an der Yadanabon Universität in Mandalay, ebenfalls Geschichte und Englisch.
Wie im vergangenen Jahr haben San San Htike und San Myat Wai darauf bestanden, uns bei sich zu Hause zu einem Mittagessen einzuladen. Und so fuhren wir denn zu ihnen in ihr Heimatdorf in der Nähe von Shwe Bo (ca. 2 Autostunden nördlich von Mandalay). Dort wurden wir von ihren Eltern und der ganzen Verwandtschaft herzlich empfangen und wurde uns ein reichhaltiges Mahl aufgetischt. Danach gab es einen kleinen Rundgang zum örtlichen Kloster und durch das Dorf, wo die Zeit stehen geblieben ist – mit Ausnahme der Mobiltelefone in den Händen der Jugendlichen. Natürlich haben wir auch die PDO besucht, uns mit Thandar Htun und Lae Lae getroffen und uns im Nähatelier umgeschaut. Ohmar Myint hat uns über ihr Tourismus-Projekt informiert und uns drei ihrer Studenten vorgestellt, wobei die eine junge Dame ganz gut Deutsch gesprochen hat. Ohmar hat uns dann auch auf ein paar Ausflügen in die Umgebung von Mandalay und nach Mingun begleitet, wo sie uns auch die neue Grundschule gezeigt hat. Immer mit dabei war auch Thet Thet Wai, die gerne die Gelegenheit benutzt hat ihr Englisch zu praktizieren.
Noch ein paar Eindrücke generell. Es war dies nun meine 6. Reise nach Myanmar in den letzten 20 Jahren. Und leider scheint mir die Entwicklung ein bisschen gebremst worden zu sein. Aus diversen Gesprächen habe ich erfahren, dass der Zustrom an Touristen aus dem Westen seit dem letzten Jahr deutlich zurückgegangen ist, was mit der Rohingya-Krise in Verbindung gebracht wird. Auch Ohmar hat sich in diese Richtung geäussert. Kompensiert wird dieser Rückgang zum grossen Teil durch den großen Ansturm von Chinesen, die allerdings im Schnitt weiter weniger Geld ins Land bringen und dieses überwiegend in chinesischen Kreisen bleibt, da meist in chinesischen Hotels übernachtet, in chinesischen Restaurants gegessen und in chinesischen Shops eingekauft wird. Generell wird dem zunehmenden Einfluss der Chinesen mit einiger Skepsis begegnet. Und auch bezüglich politischer Öffnung und Liberalisierung herrscht Stillstand und dem Vorstoß für eine Verfassungsänderung durch Aung San Suu Kyi scheint niemand eine grosse Chance einzuräumen. Auch die Schweizer Diplomatin Christine Schraner Brunner hat sich in ihrem neuesten Bericht an die UNO eher skeptisch geäussert und sieht in den kommenden Wahlen ein neues Potential für eine erneute Verschärfung des Konflikts im Rakhine State. Bleibt nur zu hoffen, dass die Lage nicht soweit eskaliert, dass es zu erneuten wirtschaftlichen Sanktionen durch den Westen kommt. Aber dem allen zum Trotz, ich gehe völlig mit dem Förderverein einig – dies darf kein Grund für einen Rückzug sein. Die Menschen dort verdienen unsere Unterstützung und Bildung ist langfristig eines der besten Mittel um doch einmal eine Änderung der Verhältnisse herbeiführen zu können.
Februar 2019 Max Schieler (Alle Fotorechte Max Schieler)