Wieder ein neuer Bericht von Frau Christine Kießling. Es ist wunderbar zu lesen wie sich die Dinge in Mingun entwickeln. Sie wird noch eine Woche in Mingun bleiben und dann an Weihnachten hoffenlich wohlbehalten wieder zuhause ankommen.
Hallo, liebe Leute, die Ihr Anteil nehmt an meinem Einsatz in Myanmar!
Ich bin, Gott sei Dank, gesund und weiter tatkraeftig bei der Sache. Der Berg ist fast bestiegen. Jeder hat Schweisstropfen auf der Stirn, doch sind alle ziemlich gluecklich, wie sie mir beteuern. Sie arbeiten nicht nur bereitwillig mit, sondern laufen nun beim Endspurt zur Hochform auf.
Das Tor ist fertig gestrichen, es ist leichtgaengig, das war mir wichtig. Diese Toraktion weckte im Dorfverantwortlichen fuer den Kindergarten den Ehrgeiz. Er liess den kaputten Zaun abreissen und null komma nix stand ein neuer da aus schoenem Naturmaterial. Einen Tag spaeter begannen wir die Beeteinfassung mit den recycelten Steinen zu setzen, Jojo voll in action mit der Hacke, dann deutsches Schnurgeruest dank deutschem Massband, Ergebnis leicht asiatisch krumm, doch erfreulich.
Den naechsten Tag stand er mit seinen zwei Freunden da, die nun schon seit drei Tagen ganztags hier schaffen. Zwischendurch tauchten weitere Herren auf, die beschlossen, die Baeume und Straeucher zu lichten. Dann wurden noch vier Bananenstauden und ein Papayabaeumchen gepflanzt. Wunderbar, essbare Fruechte im Kindergarten und die Gelegenheit zur Langzeitbeobachtung fuer die Kinder. Das Fahnenpodest wurde ringsherum mit niederen Bueschen bepflanzt, die religioesen Symbolgehalt haben.
Nach all diesen Wahnsinnstaten kam Jojo zu mir mit der Frage: „Wie waers mit einem Gemuesegarten?“ Davon traeumte ich zuhause, doch habe ich mir nicht mehr getraut, es hier zu aeussern. Ich verwies auf die Maedels, die ja die Arbeit damit haben. Sie waren bei der abendlichen Lesson begeistert und stimmten zu. Sie sind unverwuestlich und grenzenlos belastbar. Also wird in naechster Zeit von Jojos Freund, der fuer die Gartenbaulehrlinge kocht in Mandalay, ein fuer Kinder zugaengliches Hochbeet gebaut, hinter dem Haus. Wenn die vorderen Beete an der Veranda fertig sind, pflanzen wir die Jungpflanzen, die aus den mitgebrachten Samen gewachsen sind. Jedes Kind hat sein Toepfchen.
Dann warten wir nur noch auf unsere Moebel, die hoffentlich Samstag oder Sonntag mit dem Boot eintreffen. Wir werden Freitag zumachen, vormittag Grossputz, nachmittag Lesson. Am Wochenende Sonderschicht wegen der Schulung fuer die Schulkindbetreuung, die seit Montag offiziell mit Anmeldung laeuft. Es sind 20 Kinder von 6 bis 13 Jahren notiert. Die Eltern waren da und haben Information von Jojo erhalten. Sie spielen hingebungsvoll mit den mitgebrachten Gesellschaftsspielen, fuer die sie eigentlich schon zu alt sind. Oft spielen anschliessend noch einige Erwachsene. Dann wird gewebt, mit Strickliesel Kilometer genadelt, von Buben und Maedels gleichviel. Ich bin froh, dass ich zuhause solange und soviel Material gesammelt, gekauft und hierher geschleppt habe.
Mit den grossen Buben, die gut malen koennen mache ich grad ein kleines Theaterstueck mit Stabpuppen, Grundlage die englische Ausgabe von Raupe Nimmersatt. Die Kinder sind eineinhalb Stunden da, zum Schluss als Ritual ein Gesellschaftsspiel im Kreis. Vorher intensives Aufraeumen, zu Beginn Haendewaschen, das ist die Eintrittskarte. Die drei Erzieherinnen betreuen gemeinsam, Jojo und Schwester helfen mit. Danach noch Lesson fuer die Erzieherinnen, solange ich da bin. Da haengen meine Schuelerinnen schon in den Seilen. Ich habe ihnen ganztaegiges Ausschlafen versprochen, wenn ich nicht mehr da bin. Mir auch.
Die naechste Woche wird meine letzte sein. Sie beginnt mit dem Besuch eines freien Journalisten, der schon lange ueber den SES abgesprochen war. Er haengt grade noch in Bangkok und kaempft um ein Visum. Dienstag werden wir auch schliessen, haben wir doch den Sonntag, als der Doktor kam, voll gearbeitet. Den Tag nutze ich, um letzte lessons zu geben, das Finish zu machen, das Team zum Essen einzuladen und alles fuer den Mittwoch vorzubereiten, an dem Eltern-Meeting ist. Wir erwarten die Eltern in grosser Zahl, 5-7 Dorfhonoratioren und Win Aung aus Mandalay. Wir stellen gerade das Programm zusammen und staerken die Erzieherinnen, dass sie auch selbstbewusst auftreten sollen.
Donnerstag, mein vorletzter Tag, wird noch ein Mandalaytag. Bin von der Braut zum Essen eingeladen, moechte noch shoppen und etwas sightseeing machen. Abschlussgepraech an der PDO. Ich hatte noch eine Einladung zur Deutschen Botschaft in Rangoon, doch der Botschafter ist schon zum Weihnachtsfest in Deutschland, wenn ich in Rangoon bin. Ich soll das naechste Mal bei ihm vorbeischauen, meinte er.
Fast haette ich vergessen, vom Hoehepunkt der letzten Woche zu berichten: unser Ausflug in die Berge war natuerlich wunderbar. Abfahrt bei Nacht, Ankunft bei Nacht. Wir waren 14 Leute, nachdem ich grad noch abwenden konnte, dass sich so mancher uneingeladen anschliesst (20 Leute waren im Gespraech). Schoene Pagoden besucht, Blumenopfer dargebracht, Wasserfaelle gesehen und uns im Botanischen Garten amuesiert. Der Transport natuerlich anstrengend, drei Stunden hin, drei zurueck, 12 Frauen und Kinder/Jugendliche auf der Pritsche, ich konnte trotz koerpereigener und mitgebrachter Polsterung kaum mehr sitzen, blaue Flecken am Ruecken von der Bordwandstange. Alles lagerte wie die Juenger am Oelberg, kreuz und quer, dazwischen die Picknickausruestung, auf dem Heimweg alles Eingekaufte, bis hin zu Erdbeeren, die es nur in den Bergen und nicht im Unterland gibt.
Nun, zum Schluss noch die kleine Morgenmusik von Mingun, als Ergaenzung zur kleinen Nachtmusik von letztem Mal: Noch bei Dunkelheit beginnen die Moenche in der Nachbarschaft zu singen und zu beten, begleitet von Xylophonmusik, dann das Kraehen der ersten Haehne, das Tuckern von Motorbooten auf dem Fluss, ein frueher Bauer, dessen Karren mit Holzraeder durch den Sandboden pfluegt, das Schnalzen des Kindergarten-Geckos, Frauenstimmen am ersten Herdfeuer.
Nun, seid froh gegruesst aus dem kleinen Mingun am grossen Irrawady……..