Ausbildung der Kindergärtnerinnen in Mingun

Ausbildung der Kindergärtnerinnen in Mingun

Am 19. November 2013 ist Frau Christine Kießling in Mingun angekommen. Sie wird dort im Dorfkindergarten die Kindergärtnerinnen ausbilden und sich um die Einrichtung des Kindergartens kümmern. Die Berichte, die sie uns wöchentlich schickt, wollen hier an dieser Stelle veröffentlichen um Ihnen einen Eindruck über die wertvolle Arbeit unserer Experten in Myanmar zu geben:

1. Woche

An alle lieben Menschen, die an meinem Myanmaraufenthalt interessiert sind!

Nun bin ich am Montag gut angekommen, nachdem ich ca. 28 Std. auf dem Weg war.

Das Einchecken in Muenchen war aufregend und hatte mir schon vorher schlaflose Naechte beschert. Hatte ich doch glatt 60 kg Gepaeck insgesamt, davon 33 kg frei. Wir waren frueh dran und ich konnte mit meinem Entsendeauftrag belegen, dass ich fuer eine Entwicklungsaufgabe unterwegs bin. „Das unterstuetzen wir natuerlich,“ war die telefonische Antwort vom Chef. Das war die groesste Huerde der ganzen Reise. Beim Inlandsflug reichte ein Wort, das mir die jungen Frauen in den Mund legten: „Donation?“ (Spende), ich nickte schnell. Das haben sie wohl oefter.

Die drei Koffer mit den Spiel- und Lernmaterialien mussten dann nur noch auf das Boot getragen und den Irrawady aufwaerts geschippert werden, ich daneben im Korbsessel mit wunderbarer Aussicht. Am Nachmittag kam ich dann an und die Erzieherinnen stuermten schon auf mich zu. Auf zwei Mopeds wurden die Koffer dann ins Dorf gebracht. Meine Unterkunft ist im Abstellkaemmerchen des Kindergartens: nahe an der Sache, 24 Std. im Dienst. Sie hatten ein grosses Bett reingewuchtet, hergerichtet wurde es dann unter meinen Augen mit neuer Zudecke und einem neuenMoskitonetz, das einem ein Zeltgefuehl gibt. Den Schrank habe ich mir ausgeputzt und dann mit meinen persoenlichen belongings und dem ganzen Spielmaterial bestueckt. Das Spielzeug gebe ich in kleiner Dosierung und nach Schwierigkeitsgrad ausgewaehlt an die Kinder aus, sie fallen ueber alles sehr hungrig her. Dann ist Fernsehen nicht mehr so wichtig. Fernsehen im Kindergarten, bei uns ein totales no go, hier in Ermangelung von sonstigem Beschaeftigungsmaterial ein alltaegliches Ritual. Die Erzieherinnen machen vieles instinktiv richtig und haben eine grosse Herzenswaerme, doch null moderne Methodenkenntnisse. Doch dafuer bin ich ja da.

Wir beginnen heute Abend mit dem 2-3stuendigen Unterricht. Dazu habe ich einen Reader vorbereitet mit den rudimentaersten Basics. Ich werde langsame Veraenderungen anstreben und sie die Verbesserungen erfahren lassen. Es wird halt in der Gesamtgruppenarbeit von den Kindern laut das nachgeschrieen, was die Erzieherinnen vorschreien, bis zum Schwellen der Halsschlagadern. Die Erzieherinnen wiederholen halt das, was sie selber in der Schule erlebt haben. Ich verfolge gleichzeitig die Ausstattung der Raeume: Spielsachen von mir und auch noch vom heimischen Angebot. Da werde ich am Samstag mit Jojo, meinem Uebersetzer und Organisator, nach Mandalay fahren, um mit Win Aung die Moebelherstellung besprechen. Auf dem Markt werde ich das Spielzeugangebot sondieren, um mit den jungen Frauen bei einem zweiten Besuch gezielt auszusuchen. Sie freuen sich ueber die Hilfe und die Moeglichkeit der Mitbestimmung. Von selber sind sie zu scheu, um etwas zu verlangen.

Ich denke, dass viele mithelfen, dass mein Einsatz etwas bringt. Ich habe grosse Lust dazu, es ist eine enorme, aber dankbare Aufgabe. Insgesamt fuehle ich mich schon etwas heimisch, ist man doch kein Tourist, sondern gehoert etwas zu den Einheimischen. Man geht durchs Dorf und alle gruessen freundlich. Einen Nonne hat sich bei mir bedankt, dass ich ihrem Land helfe. Zum Essen gehe ich ins Openair- Restaurant, zum Fruehstueck und Dinner, es ist schmackhaft und gut. Bei Gelegenheit werde ich auch fotografieren. Es ist toll, wer da alles an einem vorbeigeht. Die Sache mit dem Internet ist ein gluecklicher Zufall, hat doch Jojo einen neuen Laptop. Er haengt ganz cool das Geraet ab sein Handy und die Sache laeuft, na ja, manchmal jedenfalls. Es ist trotz allem ein Wunder der Technik. Sonst gaebe es hier weit und breit nichts. ………

2. Woche

Nun nach eineinhalb Wochen Aufenthalt hier bin ich gesund und munter. Ich fuehle mich ganz heimelig eingebunden bei meinen Gastgebern. Meine Wohnsituation hat sich dank einer Maus oder einem anderen Nagetier stark verbessert, haben doch die im Kindergartensaal nebenan schlafenden Erzieherinnen ein Nagegeraeusch gehoert. Daraufhin beschlossen sie, das in meinem Raum gelagerte Geruempel rauszuraeumen. Es sprang uns zwar nichts entgegen, doch habe ich nun nicht nur zwei Quadratmeter gewonnen, sondern auch einen freien Blick beim Oeffnen der Augen am Morgen. Wenn die Moebel fuer den Kindergarten kommen, werde ich den dann uebrigen Fernsehtisch in mein Zimmer stellen und gewinne so einen Schreibtisch. Momentan belagere ich die freie Betthaelfte mit meinem Schreibzeug.

Insgesamt habe ich wenig Freizeit, weil es viel zu arbeiten gibt: 6 Std. im Kindergarten, 2 Std. Unterricht am Abend (von Erz. so gewuenscht) und dann die Vorbereitung darauf, gelegentlich Besprechungen mit Jojo (Kyaw Kyaw). Es laufen mehrere Dinge parallel, um die Zeit zu nutzen: Paedagogische Arbeit, Moebel fuer den Kindergarten, Reparatur des Tores. Viel Organisation, doch alle beteiligten Leute spielen engagiert und zuverlaessig mit, dass es eine Freude ist. Vieles spielt sich nun ein, strukturiert sich, nach dem anfaenglichen Sondieren und Beobachten meinerseits.  Die Maedchen sind total interessiert und erfinderisch. Sie haben so eine nette Mischung von intelligent und freundlich-lustig, richtig smart. Fuer viele Umstellungsprobleme finden sie clevere Loesungen, das abends Besprochenen ist morgens schon realisiert. Sie lachen und rufen „very good idea“, was sich zum gefluegelten Wort im Team entwickelt hat. „Nur eine Woche und wir haben so viel verbessert“, liessen sie mir vom Uebersetzer ausrichten. Der TV bleibt kalt, kein Hahn kraeht danach. Die Erzieherinnen stellten verwundert fest, dass auch unter den Kindern keines danach fragte. Statt ABC-Schreien gibt es nette Reime aus neu angeschafften Buechern, gekauft letzten Samstag in Mandalay. Haendewaschen-Lernen flutsch auch ueberraschend schnell mit zwei Waschschuesseln, eine Seifenwasser, eine Klarwasser und das Spueltuch zum Handabtrocknen, bis wir Handtuecher kaufen koennen. Jetzt geht es noch darum, die unentwegte Chips und Lolli-Esserei wegzubekommen: das Kind verschmiert, keine zwei Haende frei zum Spielen, das Spielzeug klebrig, Muell, Muell, Muell am Boden, laufend wird gekehrt.

Wir sind auf dem Weg.  Jojo, meine rechte Hand, ist total bemueht, schafft 7 Tage die Woche, weil er weiss, dass es um etwas geht, das auch ihm wichtig ist. Absprachen werden schnell und zuverlaessig erledigt, die heimischen Netze mit eingebracht. Viele sind beteiligt, vor allem auch unser Hausmeister Bothaw. Vielseitig, wie ein Hausmeister sein muss und immer zur Stelle. Von ihm habe ich auch zum Geburtstag ein Aquarell bekommen. Er ist Maler.

Nun, letzten Samstag waren wir in Mandalay an der PDO. Wing Aung nicht angetroffen, war an der Uni. Die wichtigste Person, der Schreiner Dane war da und hat unsere Wuensche studiert (Kindergartenausstattungskatalog). War von keinem Wunsch zu erschuettern, machte auf mich einen oberprofessionellen Eindruck. Er ist von einem deutschen SES-Experten ausgebildet und hat ein Team, mit dem er alles Gewuenschte herstellen kann in einer wunderbar kurzen Zeit. Er kam dann, wie versprochen, am Montag mit dem Boot nach Mingun, hat alles ausgemessen, in sein Buechlein eingetragen, noch meinen kleinen hoelzernen Klapphocker abgezeichnet, um ihn nachzubauen. Erhielt eine meiner kostbaren Tafeln Ritter-Sport. Wir erwarten nun in der naechsten Woche die Moebellieferung per Boot. Um Grossputz zu machen, die Moebel zu stellen und die sinnvollste Spielzeuganordnung zu besprechen, werden wir einen Tag den Kiga schliessen. Dann ist das Thema Moebel geschafft. Dann werden die Kinder lernen muessen aufzuraeumen. Auch so ein Thema. Sie sind so gefordert wie wir. Sie bringen viele gute Gewohnheiten mit, die die Erzieherinnen frueher schon eingefuehrt haben  und sie lernen schnell. Spielzeug erhalten sie nun nicht mehr, sie sollen lernen mit dem vorhandenen umzugehen. Viele spielen nach guten Einfuehrungen von den Erzieherinnen schon selbstaendig damit. Ich bin guten Mutes und die Erzieherinnen auch. Sie haben nur vor den Eltern Angst, da sie den Wert von Spielen nicht erkennen. Wir werden auf jeden Fall am Ende meines Einsatzes einen Elternabend machen mit Erklaerungen, Spielzeugvorstellungen, kleine Vorfuehrungen von Gelerntem seitens der Kinder und einen Imbiss. Es sind viele nette Muttis, die ich manchmal im Dorf treffe und die mir so manches zustecken.

Nun will ich noch berichten von sonstigen Erlebnissen. Die Fahrt nach Mandalay mit dem Moped und Jojo als Fahrer dauerte drei Stunden hin und zurueck. Fuer den unteren Teil des Koerpers kein Vergnuegen, fuer den oberen aber der volle Genuss. Dann war ich noch spontan mit meinen Schuelerinnen und Jojo samt Freunden in einem Nachbardorf bei einem Tempelfest. Auch hochinteressant. Riesenbuehne mit Lichteffekten, ein LKW-grosser Generator sorgt fuer die noetige Power. Zu Besuch bei einer Familie, die feine Suessis auftischte, gut dass ich das Dinner gecancelt hatte. Dann ist heute Vollmondfest, auch gestern schon, mit Feiern in der Pagode, Markt (herrliche Plastikschiessgewehre am Spielzeugstand), Essensstaenden und viel Volk, vor allem jungem Volk, Jungs und Maedels ungeniert gemischt. Auch wieder Besuch bei einer Familie, aehnliche Suessigkeiten und Tee dazu. So bekommt man einen schoenen Einblick in die Kultur, wenn man ueberall mitgenommen wird. Am Freitag bin ich zur Hochzeit von Moe Moe eingeladen, die eine VIP in der PDO ist, war sie doch das erste Patenkind und ist heute die Kuechenleitung, zustaendig fuer die 600 Essen an der Schule. Da werde ich mich morgen noch einkleiden, um geziemend und hoeflich aufzutreten. Meine Klamotten sind fuer so einen Anlass nicht geeignet. Nun, naechste Woche werde ich berichten, was ich dort erlebt habe. Alles ist wunderbar.

Ich gruesse herzlich vom kleinen Mingun am grossen Irrawady, ………

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