10.November 2015 Dienstag.
Heute ist hinduistischer Feiertag, von dem man wie so oft im öffentlichen Leben nichts merkt. Pa Thein Kyi, ein Ort im Osten Mandalays am Fuß des Yankin Hill gelegen ist heute wieder umtriebig. Der Yankin Hill, wie der Mandalay-Hill ein Hügel mit Dutzenden von Pagoden und ein Ort, der viele buddistische Besucher anzieht, ragt hinter dem Ort hoch, bevor es in die erste Kette der Shan-Berge hineingeht. Plötzlich dröhnt ohrenschmerzende Musik. Man fühlt förmlich die Qual der unterdimensionierten Lautsprecher. Wenn man hier Musik macht, dann aber richtig und die Schallwellen kommenn aus dem NLD-Lokal. Es liegt nahe der Hauptkreuzung zweier Straßen, gleichzeitig Geschäftszentrum des Ortes. Wir machen heute am Feiertag eine Radtour. Vor dem Lokal ist eine große Tafel aufgebaut, mit myanmarischen Schriftzeichen darauf. Selbst ohne die Kenntnis burmesischer Schriftzeichen weiß man sogleich: es sind Wahlergebnisse. Dauernd kommen Leute vorbei, meist auf Motobikes, zücken ihr Smartphone, fotografieren, während die Musik die Tafel vibrieren läßt. Drei Frauen verteilen NLD-Sticker.
Der ältere Herr im Lounghi erklärt uns voller Stolz in einer Mischung aus englisch und burmesisch. “NLD first – everywhere, everywhere !!!”. In der Tat: Jede Tabelle wird von einem NLD-Sticker an der ersten Position gekrönt. Dort prangt das Logo der NLD, die Zahlen geradezu triumphalisitsch. In der Regel das 4-5 fache der zweitstärksten Partei. Bevor wir uns im benachbarten T-Shop niederlassen, bekommen wir unsere Aufkleber auf Stirn, Arm und Brust geheftet.
Mittwoch 11. November 2015
“Die Nation wartet” titelt heute Myanmar Times-The heartbeat of the nation. In der Zwischenzeit steht es fest. Der Wahlsieg ist grandios. Erdrutschsieg, die bisherige Regierungspartei erkennt der Sieg der NLD an, Präsident Thein Sein gratuliert Aung San Suu Kyi. Auch die offiziellen Wahlbeobachter der EU geben bekannt: Im großen, ganzen eine faire freie Wahl, selbst wenn es am Rande die eine oder andere Trickserei wohl gegeben hat. Aber das generelle Ergebnis steht nun außer jedem Zweifel: die eine oder andere betrügerische Korrektur hat so gar keine Chance gegen die unglaubliche Stimmenmehrheit etwas ausrichten zu können. Mit dem Löffelchen das Meer ausschöpfen wollen. In den wenigen Zeitungen tauchen jetzt diese langen Listen mit Ergebnissen auf: Immer nur NLD. es wird schon fast langweilig. man sucht geradezu nach anderen Parteinamen. Möglicherweise wird sich das ändern, wenn die Ergebnisse aus den Randgebieten eintreffen.
Donnerstag 12. November
Nichts erinnert mehr im Straßenbild daran, daß erst vor ein paar Tagen Wahlen waren. Alle Tafeln an den großen Kreuzungen sind weggeräumt. Dies waren zum Teil technische Großinstallationen, keinesfalls nur mit Kabelbindern an Pfosten befestigte Plakate. Aber auch die kleineren Wahltafeln neben Ess-Ständen und Warteplätzen sind verschwunden, während in Deutschland es oft Wochen dauert, bis die letzten Spuren einer Wahl beseitigt sind. Die Stadt ist zum Normalmodus zurückgekehrt. Um halb vier nachmittags wird die Innenstadt um den Uhrenturm und den Zeijo-Markt gnadenlos zugefahren. Selbst mit dem Rad habe ich meine liebe Not, mich durch die Seitenstrassen zu winden. Alle Restaurants und Ess-Stände sind wieder in Vollbetrieb. Heute erschien ein schöner Artikel über Touristen, die am Wahltag in Yangon umherirrten auf der Suche nach einem offenen Ess-Lokal. Wie dämlich muss man sein, nach Myanmar zu reisen ohne zu wissen, was in diesem Land gerade an demokratischer Umwälzung passiert. Die ignorante Seite des Massentourismus ist angekommen.